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Beim „Newscamp 2018“ in Augsburg zeigt auch das MT, wie mehr direkter Dialog mit Lesern geht – zum Beispiel per WhatsApp

Apr.182018

Beim „Newscamp 2018“ in Augsburg ging es um neue Technologien und Vertriebswege für Medien. MT-Digitalchefin Nina Könemann war unter den Referentinnen. Fotos: DPA, Alfamedia

Der US-Medienberater Ken Doctor hat die Zeitungsverleger in Deutschland dazu aufgerufen, sich ein Beispiel am Amazon-Chef Jeff Bezos zu nehmen: Als Besitzer der «Washington Post» habe Bezos 225 neue Journalisten und 150 Medientechniker eingestellt und sei damit erfolgreich. Die Investition in bessere Inhalte und Technologien zahle sich aus, sagte Doctor am Mittwoch beim Newscamp ’18 in Augsburg. Dies gelte auch für kleinere Zeitungen. Es komme darauf an, die Interessen der Leser und Kunden besser zu kennen als Google und Facebook.

«Facebook und Google sind nicht Eure Freunde», sagte Doctor den rund 400 Teilnehmern aus der Verlagsbranche. Das Vertrauen der Menschen in den Journalismus steige, das Vertrauen in Online-Plattformen sinke. Wer aber ohne Investitionen noch möglichst viel Profit aus dem bisherigen Bestand einer Zeitung ziehen wolle, werde auf Dauer nicht erfolgreich sein.

Diese Diagnose stieß bei der Digitalkonferenz auf viel Zustimmung. «Es bringt nichts, Nähe zu simulieren und Redaktionen abzuziehen aus der Region», betonte der Geschäftsführer des Vorarlberger Medienkonzerns Russmedia, Gerold Riedmann. Sein Haus investiere 100 Millionen Euro in Wachstumsprojekte. Dabei gehe es nicht nur um Technologien und Beteiligungen an anderen Firmen, sondern auch um neue Ausbildungsprogramme und mehr Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter.

WhatsApp als persönlichster Kommunikationskanal

Immer mehr Zeitungen suchen den direkten Dialog mit ihren Lesern und nutzen dafür den Nachrichtendienst WhatsApp. «Dies ist der persönlichste Kommunikationskanal», sagte der Messenger-Experte Matthias Mehner von der Firma WhatsBroadcast. 70 Prozent der Deutschen nutzten WhatsApp. Mehr als 20 Zeitungen hierzulande – darunter das «Main-Echo» und die «Nordwest-Zeitung» – erreichten damit inzwischen viele Menschen, die kein Print-Abo mehr haben.

Nina Könemann vom «Mindener Tageblatt» stellte vor, wie das funktioniert: Ihre kleine Digital-Redaktion mit dreieinhalb Stellen versendet neben der Produktion der Website MT.de sowie der Betreuung der SocialMedia-Kanäle Facebook, Twitter und Instagram täglich auch etwa drei bis vier aktuelle lokale Nachrichten an die WhatsApp-Abonnenten. Tagsüber wird auch innerhalb von fünf Minuten auf jede Frage und jeden Hinweis oder Kommentar der Nutzer geantwortet. Hasskommentare gebe es kaum, denn WhatsApp biete dafür kein Forum, sagte Könemann. «Der Ton ist deutlich freundlicher als auf Facebook.» Die Redaktion nutze den Messengerdienst auch dafür, von den Lesern Fotos und Informationen zu bekommen – etwa zum aktuellen Hochwasserstand in der Region. Aktueller Stand des erst im Oktober 2017 nach einer zweiwöchigen Testphase gestarteten Services: 3.654 Nutzer.

Und sonst: Video, Blockchain, Vertrauen …

Micah Gelman von der «Washington Post» und Helje Solberg vom norwegischen Web-TV-Kanal VGTV warben für mehr Investitionen ins Videogeschäft. Nicht nur bei Eilmeldungen und Großereignissen gebe es eine große Nachfrage nach Bewegtbildern. Viele Geschichten ließen sich mit Videos besser erzählen als nur mit Texten und Fotos. Nach Gelmans Überzeugung gehören Videojournalisten mitten in jeden Newsroom und sollten nicht getrennt davon arbeiten.

Der Burda-Manager Collin Müller sieht die Zukunft in der Blockchain-Technologie: einer Vernetzung dezentraler Datenbanken, die auch der Kryptowährung Bitcoin zugrunde liegt und nicht manipulierbar sein soll. Blockchain werde künftig die Rolle der großen US-Plattformen Google, Facebook & Co. übernehmen und Werbetreibende mit Konsumenten verbinden. Für Medienunternehmen sei dies eine große Chance, erklärte Müller: «Wir können hier in Europa die Führung unternehmen. (…) Wir können die Karten neu mischen.»

Am Ende geht es immer wieder ums Vertrauen. Das machte auch die ARD-«Tagesthemen»-Moderatorin Pinar Atalay deutlich. Trotz der zunehmenden Konkurrenz aus dem Netz seien «Tagesschau» und «Tagesthemen» wegen ihrer Glaubwürdigkeit erfolgreich. «Wir Journalisten dürfen uns nicht treiben lassen», mahnte Atalay. «Wir müssen Mut zu Langsamkeit und Entschleunigung haben. (…) Wir brauchen Zeit, um zu verifizieren.»

Beim Newscamp stellen mehr als 50 Experten neue Techniken, Vertriebswege und Geschäftsideen vor. Organisiert wird die zweitägige Konferenz von der Mediengruppe Pressedruck («Augsburger Allgemeine»).

Quellen: DPA, MT

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