Der Verlag J.C.C. Bruns erschließt den reichhaltigen Schatz seiner Tageszeitung für das digitale Zeitalter. Seit November werden ältere Jahrgangsbände des Mindener Tageblattes digital aufbereitet. „111.970 Seiten sind bereits eingescannt“, sagt Siegfried Peis, Inhaber der Prepress Systeme GmbH (Oberursel).
Peis bringt viel Erfahrung in dem Metier mit. 1992 gründete er PPS zur Entwicklung und Vermarktung von Redaktionssystemen. Mit Beginn des neuen Jahrtausends widmete er sich zunehmend der Digitalisierung älterer Bestände deutschsprachiger Tages- und Wochenzeitungen. „Unser erstes Projekt war ‚Die Zeit‘.“ Die renommierte Hamburger Wochenzeitung ließ alle bis dahin erschienen Ausgaben seit ihrer Gründung 1946 von PPS scannen und stellt das Archiv heute im Internet zur Verfügung.
Mit seinem Vorhaben, die gesamten Jahrgangsbände seit der Gründung des Mindener Tageblattes und seines Vorläufers, des Minden-Lübbecker Kreisblattes, im Jahr 1856 digitalisieren zu lassen, nimmt der Verlag J.C.C. Bruns eine Vorreiterrolle ein. Die schweizerische „Automobil Revue“ reicht bis 1906 zurück. „Die „Ibbenbürener Volkszeitung“ haben wir von 1898 bis 2007 komplett digitalisiert“, sagt der PPS-Geschäftsführer. Mithin hat er bereits Erfahrung mit der Bearbeitung von kunstvoll gestalteten Fraktur-Schriften gesammelt, die nicht nur jüngeren Lesergenerationen manche Schwierigkeiten bereiten, sondern auch von normalen Scannern schlechter erkannt werden.
Den Zeitraum der IVZ übertrifft das Mindener Tageblatt noch einmal um vier Jahrzehnte. Damit würde das Projekt bei seinem Abschluss bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurückreichen. Dadurch wird das Tor nicht nur zur Auseinandersetzung mit der Geschichte des Massenmediums, sondern auch zur politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Geschichte der Stadt weit aufgestoßen.
Eingescannt sind bislang die ersten zwei Jahrzehnte vom Wiedererscheinen im Dezember 1949 bis 1970, die spannende Zeit des Wiederaufbaus und der Wirtschaftswunderjahre. Drei Wochen habe sein zehnköpfiges Team für die 96 Bände benötigt – an drei Scannern in Doppelschicht. Die noch ausstehenden mehr als zwölf Jahrzehnte sollen Schritt für Schritt folgen.
„150000 bis 300000 Zeitungsseiten können wir im Monat scannen“, sagt Siegfried Peis. Doch damit allein ist es nicht getan. Das von ihm gegründete Spezialunternehmen liefert auch einen Schlüssel mit, um all die bedruckten Seiten zu erschließen.
Eine Hürde sei die Layouterkennung gewesen. Denn im Laufe der Jahrzehnte änderten sich die leitenden Prinzipien des Umbruchs mehrfach. Unterschiede gab und gibt es auch zwischen den einzelnen Tageszeitungen, die zu den Kunden der Prepress Systeme GmbH gehören. „Schwierigkeiten gab es speziell beim Schachtelumbruch“, sagt Peis. Dieses Vergehen bei der Seitengestaltung war beim Mindener Tageblatt bis Ende der 1980er-Jahre gebräuchlich, bis 1991 der Blockumbruch Einzug hielt.
In mehreren vollautomatischen Durchläufen analysiert die von PPS eingesetzte Software die eingescannten Texte und ordnet Zeilen und Wörter den jeweiligen Artikeln mit Dachzeile, Titel, Untertitel und Vorspann zu. „Dabei wird auch erkannt, wenn ein Artikel auf der nächsten Seite fortgesetzt wird.“
Mittels einer Suchsoftware können Nutzer später die immense Datenmasse nach den für sie relevanten Begriffen systematisch durchsuchen.
Autor: Jürgen Langenkämper, Lokalredaktion