Mit Interesse habe ich einen Artikel in einer nicht ganz unbekannten Mindener Tageszeitung gelesen, der über die lange Durchlaufzeit bei Einkommenssteuererklärungen im Finanzamt Minden berichtete. Weil immer weniger Leute Massen an Anträgen bearbeiten müssten, käme es zu der Verzögerung, stand da. Und wegen der langen Bearbeitungszeit kommen Mitbürger in die Bredouille, die für die Beantragung von Finanzleistungen anderer Behörden ihre Steuerbescheide dringend benötigten.
Ein Teufelskreis, dachte ich und begann einem Bekannten von der Problematik zu berichten, dessen Gesichtsfarbe sich schlagartig vom Nicht-mehr-Sommerbraun in knallrot verwandelte. Schon Ausschau nach einem Defibrillator haltend, um einem etwaigen Herzstillstand bei meinem Gegenüber entgegenwirken zu können, sprudelte aus ihm heraus: Und Du – also ich, Anm. des Autors – hast auch noch Mitleid mit denen? – Wobei „denen“ die vom Finanzamt sind. Nun muss man wissen, dass der Bekannte Selbstständiger und damit ein selbst ständig Arbeitender ist – was in diesem Fall sogar zutrifft. Und weil er selbst ständig zu Hause arbeitet, hat er ein Arbeitszimmer, das er selbst ständig in seinen Steuererklärungen angibt, um ein paar Euro Steuern zu sparen.
Trotz des Aktenberges, den man im Finanzamt vor sich herschiebt und dabei die Kunden warten lässt, scheinen ganz gewitzte Finanzkontrolleure aber doch genug Zeit gefunden zu haben, um sich dem Arbeitszimmer meines Bekannten zu widmen. Denn sicherlich ist es eine entscheidende Frage, ob das Arbeitszimmer 20 oder vielleicht nur 19,8 Quadratmeter hat und ob ein Liegesessel oder nur ein Holzstuhl in ihm steht.
So etwas kann selbstverständlich nur mit einem Hausbesuch geklärt werden. Und so klingelte es bei dem Bekannten an der Haustür. Der freute sich schon über den Besuch von Freunden oder Kunden und öffnete freudestrahlend seine Pforte. Doch die Erwartung wurde herb enttäuscht. Denn es war das Finanzamt, das dort geklingelt hatte.
Und weil man sich womöglich von dem Staub der seit Wochen in den Amtsstuben herumliegenden Akten erholen wollte, hatte die Finanzbehörde wohl eine Art Ausflugstag angeordnet. Denn nicht eine sondern gleich zwei Personen standen dort und baten um Einlass zwecks Kontrolle der Arbeitszimmergröße.
Ich tröstete meinen Bekannten, er solle es positiv sehen. Beim Finanzamt würde man sich eben auch um Kleinigkeiten kümmern. So würde er mit dazu beitragen, dass das ausgeglichen werde, was an anderer Stelle gerade in Höhe eines sechs- oder siebenstelligen Steuerbetrages hinterzogen würde.
In diesem Sinne: ein schönes Wochenende!
Hans-Jürgen Amtage (Lokalredaktion)