„Da erhob das Volk ein Kriegsgeschrei und man blies die Posaunen. Und als das Volk den Hall der Posaunen hörte, erhob es ein großes Kriegsgeschrei. Da fiel die Mauer um.“ Plumps. Was der Prophet Joshua im alten Testament vom Ende der Stadt Jericho berichtet, hat aktuelle Bezüge. Bloß, heute, satte 3200 Jahre später, hat sich alles umgekehrt. Man kannte damals ja keinen Fußball. Geschweige denn Fußball-WM.
Heute fällt zuerst das Tor, wenn Schweinsteiger seinen Freistoß durch die Mauer ins gegnerische Tor versenkt hat. Dann gibt es das große Kriegsgeschrei der Massen und dann werden die Ein-Laut(sehr laut)- Lärmmacher geblasen, wie früher die Posaunen von Jericho. Der Platznachbar in der Sportarena wird vom Tor genauso überrascht wie vom plötzlichen Lärm in Düsenjäger-Triebwerks-Stärke.
Das war in Stadien und Hallen immer so und das wird auch nach der Kicker-WM so sein. Die allerdings – darum man sie doch an Südafrika vergeben – bringt nun einen neuen Klang, einen, der bis 120 Dezibel laut sein kann. Den aus der Vuvuzela. Das wird so ähnlich ausgesprochen wie „Uwe Seeler“, der aber nicht deren Erfinder ist. Die Vuvuzela ist das Horn der Zulus und in Afrika wohl so etwas ähnliches wie in Deutschland die Gießkanne. Die wird hierzulande bekanntlich von Hirschfängern eingesetzt, um den Brunftschrei des Hirsches („Mach mir den Elch“) nachzuahmen. Dafür gibt es sogar auch eine WM.
Was dem Deutschen sein Hirsch, ist dem Afrikaner bekanntlich sein Elefant. Und weil die Rüsselträger nicht nur wegen ihrer Haut viel dicker sind als deutsche Waldbewohner, muss der Brunftschrei auch viel lauter sein. Logisch.
Aber typisch deutsch ist: Statt solche Bereicherung kultureller Gebräuche aus fremden Ländern für den schwarzrotgoldenen Alltag freudig zu begrüßen, wird gleich mit Verboten gewedelt und die Lautstärke als Vehikel dafür genommen. Als ob sich nicht jeder Leisetreter vor solchen Nervtröten selbst schützen kann (durch höfliche Bitten, Platzwechsel, Ohrstöpsel etc.).
Man stelle sich vor, die deutschen WM-Fans nähmen Gießkannen mit ans Kap der Guten Hoffnung und würden jeden Angriff der Lahm-Truppe damit „musikalisch“ begleiten. Die Pretorianer und Kapstädter würden, da bin ich sicher, jubeln und der Gießkannen-Export nach Südafrika würde sprunghaft steigen. Afrikaner denken eben positiv und sind neugierig. Wir aber sind so dünnhäutig, dass uns lediglich das „Törö“ von Benjamin Blümchen lustig macht.
Dabei bewies schon Elefanten-Coronel Hathi aus dem Dschungelbuch, was für ein Gute-Laune-Macher Musik sein kann: Wir marschiern durch den Salat, stets ein Lied ham wir parat, durch den dicksten Busch da dröhnt unser Tusch, wenn die Frühpatrouille naht.
Ja da wär´s doch: ein Tusch aus zigtausend Gießkannen, wenn die Löw-Jungen ins Stadion in Durban einmarschieren. Und hier bringen Vuvuzela-Bläser die vollen Gläser in den deutschen Biergärten beim Public Viewing zum Zerspringen. Wie damals in Jericho.
In diesem Sinne: Törö und ein schönes WM-Wochenende
Hartmut Nolte (Lokalredaktion)