Von: Leser-Adresse
Gesendet: Montag, 1. Dezember 2014 17:17
An: Redaktion Lokales
Betreff: Tuğçe
Sehr geehrte Damen und Herren,
herzlichen Glückwunsch zum neuen Layout und Schriftbild des MT.
Was ich allerdings vermisse ist die korrekte Wiedergabe türkischer Namen. Besonders gestört hat mich das bei der Berichterstattung über die erschlagene Studentin Tuğçe. Müsste es heutzutage nicht möglich sein, Sonderzeichen der türkischen Sprache zu drucken? Der Respekt vor Namen nichtdeutscher Herkunft gebietet es meiner Meinung nach, diese richtig wiederzugeben.
Entsprechende Zeichen der französischen oder spanischen Sprache finden sich im MT durchaus. Dahinter wird doch nicht etwa eine gewisse Rangordnung der verschiedenen Sprachen stehen?
In der Hoffnung, demnächst alle Namen in richtiger Schreibweise im MT zu lesen, verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Lesername
Antwort Chefredaktion
Sehr geehrte Frau Dr. Lesername,
haben Sie vielen Dank für Ihre Mail. Dass Ihnen unsere Umstellung gefällt, freut mich sehr.
Das Problem von Sonderschriftzeichen beschäftigt uns in der Tat. Nicht so sehr technisch, das ist inzwischen weitgehend lösbar, wenn auch sehr komplex.
Allerdings ist bei der Vielzahl inzwischen hier lebender Menschen unterschiedlicher Nationalitäten und ihrer Sprachen schon für „gängige“ Fremdsprachen der entsprechende Sonderzeichensatz nicht immer leicht zuzuordnen (und in manchen, etwas „exotischeren“ Fällen womöglich auch gar nicht bekannt). Hinzu kommt, dass wir natürlich auf Quellen angewiesen sind, etwa Agenturen, Pressestellen, Zusendungen – manche handhaben es so, andere so. In der redaktionellen Praxis ist die Chance, dabei Fehler zu erkennen oder gar richtigzustellen, nicht sehr weit weg von Null.
Sie sprechen französische oder spanische Sonderzeichen an: die gibt es außer bei „eingedeutschten“ Worten bei uns eigentlich kaum noch, korrekte Cedilles, Accents Graves oder Accents Aiguts (ich hoffe, ich habe mich richtig an meinen Französisch-Unterricht erinnert) werden Sie in den seltensten Fällen finden. Die Tilde über der senorita ist lange verschwunden. Andere Problemzonen sind skandinavische Umlaute (wovon es bei manchen heimischen Handballvereinen wimmelt), nicht zu reden von kyrillischen oder griechischen Schreibweisen.
Nicht zuletzt sollte bedacht werden, dass die zur korrekten Aussprache in fremden Sprachen benötigten Sonder- oder Lautzeichen in der Regel nur von den Eingeweihten, nämlich den der jeweiligen Fremdsprache auch im Schriftlichen mächtigen Mitbürgern, überhaupt interpretiert werden können. Für andere stellen sie sich als Fremdkörper dar, die nicht beantwortbare Fragen aufwerfen.
Deswegen haben wir uns im Rahmen unser hauseigenen – vor allem der einfachen Lesbarkeit von Texten verpflichteten – Schreibregeln darauf verständigt, diese Zeichen in der Regel einfach wegzulassen. So, wie wir – wenn vorhanden – auch deutsche Namen ausländischer Bezeichnungen verwenden (Rom, Moskau, Warschau), willkürlich gewählte Klein- und Großschreibungen in Firmennamen ignorieren (Eon statt e.on), Akronyme und Abkürzungen nur dann in Versalien schreiben, wenn sie auch als Einzelbuchstaben gesprochen werden (Nato statt NATO, Wago statt WAGO, aber eben BMW) und noch ein paar andere Dinge tun, die in einem korrekt lektorierten Buch mit entsprechendem Anspruch sicher unanständig wären.
Wir haben dafür keine diskriminatorischen Beweggründe, sondern ausschließlich solche des Lesekomforts – und, das gebe ich gerne zu, auch der praktischen Handhabung im redaktionellen Arbeitsprozess. Dafür bitte ich um Verständnis.
Freundliche Grüße
MINDENER TAGEBLATT / MT.de
Christoph Pepper
Chefredakteur