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Im Alter von 83 Jahren gehen viele am Stock. Winfried Räbiger sprintet die Treppe des Mühlenbauhofs in Frille hoch. „Das Maß stimmt nicht“, sagt er und lacht. Der Ingenieur hat die DIN-Norm in den Beinen, spürt, dass da etwas nicht stimmt mit dem Verhältnis von Höhe und Tiefe. Es ist eine der wenigen Sachen, die nicht stimmen in dem Haus, das Räbiger maßgeblich mit aufgebaut hat.
Der frühere Vorsitzende der SPD-Fraktion im Kreistag hat daran gearbeitet, den Mühlenkreis zu einem Gebiet zu entwickeln, auf das Mühlenliebhaber anderswo neidisch sind. 28 Jahre ist er Vorsitzender des Mühlenvereins im Kreis gewesen, hat außerdem die Deutsche Mühlengesellschaft mitgegründet und ist ihr stellvertretender Präsident gewesen. Die Technik fasziniert ihn ebenso wie die einmalige Dichte der gut erhaltenen Mühlen in der Region.
Nein, Räbigers Leben hat längst nicht nur aus den Mühlen bestanden. Er hat sich neben der Arbeit und seiner Tätigkeit als Kommunalpolitiker auch als Vorsitzender des Vereins „Partner für Estland“ eingesetzt und für einiges mehr. Aber vielleicht sind es die Mühlen, die es ihm am meisten angetan haben.
Dafür spricht jedenfalls, dass Räbiger die Zeit vergisst, während er die Besucher durch den Mühlenbauhof führt. Die Führung könnte eine Woche dauern, ihm würden die Geschichten nicht ausgehen. Zu jedem Winkel des ehemaligen Bauernhofs fällt ihm etwas ein, zu jedem Werkzeug, jedem Modell, jeder Karte, jedem Bild. Kein Wunder, denn der Senior hat mit dem Mühlenbauhof eine nationale Einzigartigkeit miterschaffen.
Die Handwerker kümmern sich bis heute reich an Fachwissen um die Instandhaltung der 43 Wind-, Ross- und Wassermühlen im Landkreis, der selbige im Namen führt. Ohne sie wäre es kaum denkbar, dass die Mühlen in so einem guten Zustand sind und mit einiger Sicherheit auch bleiben werden.
Wer Räbiger nach dessen schönsten Erlebnissen bei den Führungen fragt, die er bis heute durch den Mühlenbauhof anbietet, der stößt schnell auf die Begeisterung des Alten für junge Logik. „Kinder denken anders, deshalb muss man anders mit ihnen reden“, hat er schnell gemerkt. Nicht so kompliziert, nicht so sehr um die Ecke, präzise, auf den Punkt. Die Kinder für die Mühlen, deren Technik und Leistung zu begeistern, das war und ist ihm ein großes Anliegen.
Einmal haben ein paar Mädchen während eines Besuchs im Mühlenbauhof ein ganzes Kilo Mehl gemahlen. Das hat Räbiger beeindruckt. Noch heute, wenn er davon berichtet, spricht er, als könne er selbst kaum glauben, dass das wirklich passiert ist.
Von Benjamin Piel, Chefredakteur