Der Tarifkonflikt für die Tageszeitungsredakteure in Deutschland ist beigelegt. Nach langwierigen Verhandlungen einigen sich Arbeitgeber und Gewerkschaften in der zehnten Tarifrunde in Hamburg auf Gehaltserhöhungen und einen unveränderten Manteltarifvertrag. Die Gewerkschaften riefen dazu auf, die Streiks zu beenden. Allerdings ist zur Stunde noch unklar, ob etwa in Ostwestfalen-Lippe am heutigen Donnerstag bereits wieder in vollem Umfang gearbeitet werden wird. Hier befinden sich Redakteurinnen und Redakteure seit Montag zum wiederholten Mal Ausstand, der ursprünglich bis Donnerstag einschließlich terminiert war.
Die rund 14.000 Re- dakteure in Tages- zeitungen erhalten nach den nun ge- troffenen Vereinba- rungen der Tarif- parteien mehr Geld. Vom 1. Mai 2012 an steigen die Gehälter um 1,5 Prozent, im Oktober 2011 und im Februar 2013 gibt es zudem Ein- malzahlungen von jeweils 200 Euro. Das vereinbarten der Bundesverband Deutscher Zeitungs- verleger (BDZV) und die Gewerkschaften DJV und Verdi in fast 18-stündigen Verhandlungen bis Donnerstagmorgen. Es wurde kein neues Tarifwerk für Berufseinsteiger aufgesetzt – diese Forderung der Verleger war in der Tarifrunde ebenso auf härteste Ablehnung der Gewerkschaften gestoßen wie der Versuch, über eine Neuvereinbarung des Manteltarifvertrags unter anderem Kürzungen bei Urlaubs- und Weihnachtsgeld zu erreichen. Den sich über Monate hinziehenden Tarifkonflikt begleiteten in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder zahlreiche Arbeitsniederlegungen in den Verlagen. Allein in Ostwestfalen-Lippe wurde an mehr als 20 Tagen gestreikt. Davon war neben den Zeitungen „Neue Westfälische“, „Westfalen-Blatt“ (beide Bielefeld), „Lippische Landeszeitung“ (Detmold), „Haller Kreisblatt“ (Halle) sowie „Die Glocke“ (Oelde) regelmäßig auch das „Mindener Tageblatt“ betroffen.
Nach der Einigung in der zehnten Tarifrunde sagte BDZV-Verhandlungsführer Werner Hundhausen: «Damit haben die Verlage Planungssicherheit bis 2013.» Der Manteltarifvertrag und die Altersversorgung bleiben unverändert bis Ende 2013 bestehen. Außerdem gibt es eine Beschäftigungssicherungsklausel mit der Möglichkeit der Kürzung von Weihnachts- und Urlaubsgeld, auf die Verlage zurückgreifen können, sollten Arbeitsplätze aus wirtschaftlichen Gründen gefährdet sein. Es wurde eine Erklärungsfrist bis zum 30. September 2011 vereinbart.
«Die heftig umstrittenen Verschlechterungen für Berufseinsteiger sind vom Tisch, die von den Verlegern beabsichtigte Abwertung des Journalistenberufs ist damit verhindert worden», sagte der stellvertretende Verdi-Vorsitzende Frank Werneke. Dagegen sieht der BDZV weiter die Notwendigkeit, ein Tarifwerk für Berufsneulinge zu schaffen. «Es war unsere Absicht, gleichzeitig eine ergänzende Plattform für Berufseinsteiger mit maßvoll abgesenkten Tarifen abzuschließen, in die dann auch die Onlineredakteure integriert werden sollten», sagte Hundhausen. „Wir bedauern, dass die Gewerkschaften diesen Weg nicht mitgehen wollten.“ Die Notwendigkeit, ein solches Tarifwerk zu schaffen, bleibe jedoch für die Zukunft bestehen.
Dieses Tarifwerk sah den BDZV-Angaben zufolge auch ein 13. Monatsgehalt sowie eine 36,5 Stunden-Woche vor. Ferner habe der BDZV Bereitschaft zum Aufbau einer Altersversorgung für den beruflichen Nachwuchs signalisiert. Insofern sei es nicht nachvollziehbar, wenn dieses Angebot von den Gewerkschaften als Dumpingtarifvertrag diffamiert werde, ergänzte Hundhausen.
DJV-Verhandlungsführer Kajo Döhring bezeichnete das Tarifergebnis als «annehmbaren Kompromiss zum Erhalt des Flächentarifvertrags». Die Verhinderung des Tarifvertrags für Berufseinsteiger und Jobwechsler sei ein voller Erfolg. „Das ist das Verdienst von Tausenden Journalistinnen und Journalisten, die mit ihren Streiks den Angriff der Verleger auf die Tarifverträge und die Berufsperspektive der Jungen abgewehrt haben.“ Allein am gestrigen Mittwoch hätten sich in mehreren Bundesländern über 2.000 Journalisten an Arbeitskämpfen beteiligt.
Die DJV-Tarifkommission rief im Anschluss an die Hamburger Verhandlungsrunde die Kolleginnen und Kollegen dazu auf, die Streiks einzustellen. In den Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen und Hessen muss die Urabstimmung über das Ende der Streiks eingeleitet werden, sobald das Tarifergebnis im Wortlaut vorliegt.
Quellen: DPA, DJV, BDZV