Im hellblauen Opel Kadett mit Knüppelschaltung und ohne Sicherheitsgurt parkte man an einer günstigen Position ein, um – bei Bedarf – den richtigen Blick auf die Großleinwand zu haben. Blecherner Ton klang aus den Lautsprechern, die durch das offene Fenster in das Auto gezogen wurden. Und dann: Rund zwei Stunden abtauchen (in den Film natürlich).
Drei Jahrzehnte später ist es Zeit, mit der Angetrauten einmal das Autokino des 21. Jahrhunderts zu genießen. Nichts ist mehr wie früher. Dank digitaler Bildtechnik wird der Kinofilm auf dem Simeonsplatz nun gestochen scharf auf die inzwischen aufblasbare Leinwand gebeamt. Der Ton zum Film kommt über UKW in das Hightech-Autoradio und sorgt für Hörgenuss.
Die Autositze sind nicht mehr unbequem und halten dank Lenden-, Rücken- und anderer Stützen den Zuschauer genau in der richtigen Sitzhaltung, ohne die Möglichkeit zu geben, sich nach rechts oder links zu beugen. Die mit Technik vollgepackte Mittelkonsole sorgt für eine strikte Trennung von Fahrer und Beifahrerin (oder umgekehrt). Selbst die Gummibärchen haben sich verändert. Zwar prangt auf der Tüte ein goldenes 90-Jahre-Jubiläumslogo, doch aus knallbunten Bärchen sind ziemlich blasse geworden.
So konzentriert man sich voll und ganz auf den Film, fiebert mit den Protagonisten der Handlung – bis das eigene Auto anfängt zu denken. Das erkennt, dass sich seit 30 Minuten nichts mehr gerührt hat, außer dass das Radio spielte. So beschließt das moderne Auto, es sei Gefahr im Verzug, die Batterie könne entleert werden – und schaltet in den Energiesparmodus. Nichts geht mehr.
Und so ist es im Autokino des 21. Jahrhunderts fast wie früher (wie ganz ganz früher) – zu Stummfilmzeiten.
In diesem Sinne: ein schönes Wochenende!
Hans-Jürgen Amtage, Ressortleiter Lokalredaktion