Das war knapp: Da hatte der junge Kollege doch in einem Artikel über das Freischießen von den Mindener Bürgerbataillonen geschrieben. Mehrzahl! Glücklicherweise hat der Chefredakteur zu Hause vor Erscheinen des MT den Fauxpas (oder muss man sagen: Sakrileg?) in MT-Online entdeckt, war ans Telefon gestürzt und hatte die Redaktion angerufen. Es gibt nur das eine Mindener Bürgerbataillon. Leteln und Todtenhausen sind nicht Minden wie das Klinikum nicht mehr Klinikum Minden heißt, seit es in Häverstädt steht.
Den anderen Fauxpas, dass das MT den Stadtmajor zum obersten Dienstherrn des Bürgerbataillons machte und damit den Bürgermeister von diesem Amt entband, haben hoffentlich nicht viele gemerkt.
Als Erklärung für beides kann nur dienen, dass beide Kollegen nicht Mindener sind, weder Buttjer (also hier geborene) noch Mindener II. Ordnung (beim Einwohnermeldeamt mit „falschem“ Geburtsort eingetragen). Zu Letzteren gehöre auch ich, und würde nie auf den Gedanken kommen, meine Geburtsurkunde ändern zu lassen. Obwohl, in Bad Gandersheim war ich nur vier Tage mit meiner Mutter. In Minden (genauer: Häverstädt) fast mein halbes Leben.
Ich habe gelernt: Freischießen ist kein Schützenfest. Obwohl mich, als ich hierher kam, das gleich ungläubige Staunen überkam wie jeden Nichteingebornen, wenn er das erste Mal das Freischießen erlebt. So viele Leute in schwarzen Anzügen mit Zylinder. Welche bekannte Persönlichkeit wird hier zu Grabe getragen wird? fragt sich der Neuankömmling. Die Holzgewehre verwirren den Unwissenden noch mehr, und wenn er erfährt, welche Honoratioren in den Anzügen in der Marschkolonne stecken, fragt er sich: Machen die hier alles mit?
Langsam lernt er dann, was das Freischießen den Eingeborenen bedeutet und welch wichtige Rolle Bürgerbataillon und Kompanien im gesellschaftlichen Leben der Stadt spielen. Dann erhellt sich dem Neuling auch, dass die militärische Form und der Drill meist älterer Herren nur die äußere Form einer Institution ist, wie sie auch andere Städte aus ihrer Geschichte zum traditionellen Ritus gemacht haben, teils um die Geschichte zu bewahren, teils um sich mit ihr durch Überziehen humorvoll auseinanderzusetzen.
Auch wenn ganz echte Mindener, für die der Gang auf rechte Weserufer schon fast ein Auslandsaufenthalt ist, jetzt aufschreien mögen: Für einen Auswärtigen ist das Freischießen in Minden ein bisschen wie Karneval im Rheinland – Tradition zum Feiern genutzt, Markenzeichen und gewöhnungsbedürftig. Aber vor allem: Grund zum Feiern.
In diesem Sinne: schönes Freischießen