Man muss sich das heute vorstellen: Mitten in der Mindener Innenstadt wird Nacht für Nacht eine große Rotationsdruckmaschine betrieben; Lastwagen, Auslieferfahrzeuge und Zeitungsboten frequentieren die engen Altstadtgassen. Regelmäßig rangieren tagsüber Sattelschlepper mit tonnenschweren Papierrollen, Farben, Maschinenteilen durch die engen Gassen und Straßen der oberen Altstadt. Bis zum 23. August 1976 wurde das Mindener Tageblatt im Herzen der Stadt produziert, die letzte neue Druckmaschine, eine 32-Seiten MAN, war 1967 gegenüber des zwischen Obermarkt- und Ritterstraße zusammengewachsenen Gebäudekomplexes am Trockenhof im Saal eines ehemaligen Kinos aufgestellt worden. Übrigens auf einer dicken Korkschicht gepolstert, um Lärm und Erschütterungen der Nachbargrundstücke möglichst zu minimieren. Trotzdem verliefen Herstellungs- und Lieferprozesse natürlich nicht geräuschlos.
„Ein Beitrag zum Umweltschutz“ betitelte Lokalchef Heinz Wähler dann seinen Artikel vom 25. August 1976, in dem er heute vor 40 Jahren über den Umzug der schweren Technik informierte. Sie logierte fortan ebenfalls am bereits 1972 für die übrigen Aktivitäten des Unternehmens J.C.C. Bruns errichteten Standort im Gewerbegebiet Trippeldamm. Mit diesem Artikel hielten die MT-Leser außerdem eine Zeitung in der Hand, die erstmals auf einer wiederum neuen Rotation gedruckt worden war – der größten, in die das Familienunternehmen bisher investiert hatte. Dias Aggregat der Firma Albert aus Frankenthal konnte 64 Seiten gleichzeitig bedrucken und enthielt erstmals Eindruckwerke für Farbe.
Für die bis dahin gewohnten Mindener Zeitungstechnik-Größenordnungen handelte es sich um einen „Koloss“, so Wähler beeindruckt in der Unterzeile zum Bild, das die drei Etagen hohe Maschine zeigte. Sie sollte bis Juni 1993 zuverlässig am Trippeldamm laufen, dann wurde dort in einer eigens dafür aufgestockten Halle ihre wiederum deutlich größere Nachfolgerin in Betrieb genommen, eine 32-Seiten-MAN-Uniman. Mit ihr hielt der flächendeckende Vierfarbdruck Einzug in die Zeitung. Weitere 21 Jahre schlug auch deren Stunde, seit April 2014 verrichtet dort eine 48-Seiten Wifag-Offsetrotation ihren Dienst.
Für die Mindener Innenstadt war der Umzug übrigens nicht nur mit einem Zuwachs an Lebensqualität für die rund um den Zeitungskomplex wohnenden Anlieger verbunden. Er schuf auch die Voraussetzung für einen fußläufigen Ausbau der Obermarktstraße und damit einen Meilenstein der städtebaulichen Entwicklung Mindens in den 70-er Jahren.