Als „Redakteur für Allgemeines“ beschrieb Wilfried Drexhage 1956 seine Aufgabe beim Mindener Tageblatt in dessen Jubiläumsschrift zum 100-jährigen Bestehen als „Beitrag zum Bau einer Brücke zwischen Heimat und Welt“. Das MT befand sich nach mehrjähriger kriegsbedingter Zwangspause gerade mitten im Aufhol-Wettbewerb in einem zwischenzeitig dicht besetzten Heimatmarkt; der junge Redakteur war zwei Jahre zuvor von der Lippischen Landeszeitung in Detmold als Verstärkung hinzugestoßen.
In einer kleinen Redaktionsmannschaft tummelte sich Drexhage zu dieser Zeit geradezu zwangsläufig auf nahezu allen journalistischen Arbeitsfeldern: „Reportagen aus Stadt und Kreis, Beilagen, sportliche und andere Veranstaltungen, Urlaubsvertretungen für Lokales, Kreis, Provinz und Sport“, schreibt er selbst in dem erwähnten Beitrag. Ab Herbst 1959 wurde er auch im Ressort Politik/Wirtschaft eingesetzt – und fand hier seine endgültige Bestimmung, schon seit 1960 als verantwortlicher Ressortleiter, später ergänzt auch um das „Vermischte“. Hier fand das spätere MT-Ressort „Nachrichten“ seine Grundlage, in der nahezu die gesamte nichtlokale und nichtsportliche überregionale Berichterstattung gebündelt wurde.
Gemeinsam mit dem Ressortleiter Lokales, Heinz Wähler, wurde er am 1. Januar 1975 vom damaligen Senior-Verleger und Chefredakteur Hansheinrich Tomas zum stellvertretenden Chefredakteur berufen. Gemeinsam mit Wähler übertrug ihm 1977 Rainer Thomas nach dem Tod seines Vaters auch die Chefredaktion, die beide bis zu Wählers Ausscheiden zum Jahresende 1989 ebenso kollegial wie einvernehmlich zu gestalten wussten. Weitere zwei Jahre blieb Drexhage allein an der Spitze der Redaktion, bevor ihm zum Jahresbeginn 1992 Christoph Pepper folgte.
Es waren Jahre des kontinuierlichen Auflagenwachstums für das MT, das sich schon in den 1960-ern die Rolle als führende Heimatzeitung seines Verbreitungsgebietes zurückerobert hatte und diese auch gegen die intensive Konkurrenz der großen Regionalzeitungsverlage aus Bielefeld weiter auszubauen wusste. Gleichzeitig waren es Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche sowie nicht zuletzt eines immer schneller taktenden technologischen Wandels, die der Zeitungsbranche eine bis heute nicht mehr abreißende Kette unaufhörlicher Veränderungen und Herausforderungen bescherte. In diesem Umfeld wuchs neben anderen Verlagsabteilungen auch die Redaktion. An ihrer Spitze war es Drexhages (und Wählers) Bestreben, der Verantwortung der Lokalzeitung für zuverlässige und seriöse Information als Grundlage demokratischer Meinungsbildung gerecht zu werden – als die schon zu seinem Berufsbeginn so gesehene Brücke zwischen Heimat und Welt.
Als Chefredakteur, so schrieb Verleger Rainer Thomas anlässlich seiner Verabschiedung im MT, verstand Wilfried Drexhage es, „sachlich, fair, konsequent und manchmal auch kompromisslos die in der Medienwelt zwangsläufig auftretenden Interessengegensätze zwischen Verlag und Redaktion auszugleichen oder doch zu entschärfen.“ Nach dem Wechsel in der Chefredaktion redigierte er noch ein halbes Jahr lang die damaligen Touristik-Seiten des Mindener Tageblatts und ging 1992 nach fast 39-jähriger Redakteurstätigkeit in den Ruhestand.
Anschließend widmete er sich über Jahre ehrenamtlich unter anderem der Vertiefung der Partnerschaft zwischen dem Mühlenkreis Minden-Lübbecke und dem estländischen Kreis Viljandi. Am Montag ist Wilfried Drexhage im Alter von 89 Jahren gestorben.
Von Christoph Pepper, Herausgeber