Lieber Papst, ich weiß nicht, welcher von Ihren neun Namen hier angemessen wäre. Angesichts der Schnelligkeit Ihrer Wahl könnte man als 10. noch „Eure Eiligkeit“ hinzufügen. Ich hoffe, Sie haben Humor, sonst können Sie hier aufhören zu lesen und Ihr MT wegschmeißen, das Abo kündigen oder sich nur noch über mt-online über Minden informieren.
Humor brauchen Sie, um mit all dem fertig zu werden, was in Ihrer Organisation so läuft. Einen guten Medienberater scheinen Sie ja zu haben. Denn es gelingt Ihnen tagelang, nicht nur die Schlagzeilen der Weltpresse (zumindest der deutschen) zu beherrschen, sondern auch noch deren Seiten zu füllen ohne nur eine Anzeige zu schalten.
Bisher hörte man aus Ihrer Firma ja meist Negatives, das bei genauerem Hinsehen aber nur für Betriebsangehörige und Mitglieder wirklich wichtig ist. Wen geht außer den betroffenen Priestern eigentlich der Zölibat was an? Was nützt es heutigen Kindern, verjährten Missbrauch an ihren Großeltern aufzurühren?
Das alles haben Sie erfolgreich aus den Schlagzeilen verdrängt, unsere Kanzlerin kann sich um einige wichtige Antworten drücken und Probleme weiter aussitzen. Ärgern können sich höchstens die Sozis, deren Wahlprogramm Sie in Ihren Schatten stellten.
Bewundernswert ist auch, dass sie Ihre Wahl, die – sagen wir mal großzügig – ein Drittel der Deutschen betrifft, so gut in den Medien platzieren konnten, dass eine andere Chef-Wahl einer ebenfalls weltweit operierenden, nahezu ebenso großen Firma ins Abseits stellen, deren Produkten man häufiger im Alltag begegnet als den Ihren. Papst Franziskus kennt schon jeder. Aber Xi Jinping? Wer ist das? Falls Sie es nicht wissen, es ist der neue Staatschef in China, der sich in Peking, neidisch auf Ihre Klicks und Likes, grün und blau ärgert.
Toll auch, wie Sie die kleinste Unwichtigkeit den Medien als berichtenswert verkaufen konnten. Da machen sich doch echt staatlich alimentierte Germanistikprofessoren die Mühe, nach germanischen Wurzeln Ihres Namens Bergoglio zu forschen. Ich werde den Herren Guttenberg und Chatzimarkakis oder den Damen Schavan und KochMehrin vorschlagen, darüber eine selbst geschriebene Doktorarbeit zu verfassen – plagiatfrei, aber dafür mit Ihrem Segen.
Ich wünsche Ihnen für Ihr Amt ein glückliches Händchen, bleiben Sie am Ball. Das soll jetzt keine Anspielung auf Ihren Landsmann Diego Maradona sein, dem die Hand Gottes (Manus Dei) zum Torerfolg verhalf. Und feiern Sie am heutigen Samstag schön heute mit Benedikt XVI. dessen Namenstag.
In diesem Sinne ein schönes Wochenende
Hartmut Nolte, Lokalredaktion