Es gibt Momente, da bricht auch im drögen Tagesgeschäft einer Ausschussitzung der Spieltrieb durch. Neulich im Betriebsausschuss stand plötzlich die neueste Errungenschaft im Raum: Das Smartboard. Eine Leinwand, auf der man nicht nur Bilder, Grafiken und viele. viele Powerpointbeiträge projizieren kann, sondern auf der auch gezeichnet werden kann. Das probierte Gerald Schüler, Leiter der Städtischen Betriebe Minden, denn auch gleich mal aus.
Klar, dass das beim ersten Versuch im Live-Einsatz nicht perfekt funktionier- te. Die ersten Linien wurden krumm (denn nicht da, wo der Finger drauf- zeigt, wird die Linie gezeichnet, sondern ein Stück daneben. Das wusste Schüler aber erst nicht). Die Löschfunktion wurde gesucht. Das Pro- gramm schloss sich. Es wurde wieder aufgerufen. Naja, so wie das halt ist mit dem Computer, wenn man mit neuen Funktionen arbeitet.
Allerdings saßen auch etwa 20 Gäste mit im Raum, die eine kompetente Beratung über ihre Anliegen erwarteten. Die waren von der Demonstration eher verwirrt. Denn nicht nur, dass die Tafel ein wenig tief stand und von den Hinterköpfen der davor sitzenden Politiker verdeckt wurde (wohl nötig, damit drauf gezeichnet werden kann), erinnerte den technischen Laien die entstehende Zeichnung eher an Keith Haring (den mit den Strichmännchen) als an behindertengerechte Absenkungen von Bordsteinen (die demonstriert werden sollte).
Damit nicht genug: Den Bürgern wurde im Anschluss höchst technisch erklärt, wie es um die Abwasserbelastung ihrer Kanalisation steht. Das etwas zu tiefgelegte neue Smartboard glänzte jetzt durch unleserliche Darstellung: Vor dem hellen Hintergrund der Fensterfront wurden aus der Entfernung betrachtet die in Grasgrün auf zartem Türkis gestalteten Unterlagen zu flirrendem Silbergrau in Grau. Zwar hatten die Städtischen Betriebe – wohl das Problem vorausahnend – Handzettel ausgeteilt. Das waren allerdings nicht so viele, dass jeder Bürger irgendwie reinsehen konnte.
Erschwerend hinzu kam, dass der Betriebsausschuss wieder einmal seine Qualitäten als das zeigte, was Kollege Hans-Jürgen Amtage mal böse als „Flüsterausschuss“ bezeichnet hat (viele der Einlassungen der ganz vorne sitzenden Fachleute und Politiker waren hinten schlicht nicht zu verstehen, auf mehrfache Bitte aus dem Publikum „Lauter“ wurde nur sekundenlang reagiert).
Liebe Politiker: Ihr macht eine Eingabe für mehr Bürgerfreundlichkeit? Cool. Aber sorgt bitte erstmal dafür, dass Bürger, die in Ausschussitzungen kommen, auch verfolgen können, worum es geht. (Das gilt übrigens auch für den Bildungsausschuss. Der diskutierte in dieser Woche über eine neue Stadtteilschule. Einzelheiten zu dieser Schule waren den anwesenden Politikern nichtöffentlich in einer Sitzung der Arbeitsgruppe für die Schulentwicklungsplanung vorgestellt worden sowie in einer weiteren Veranstaltung für alle Ratspolitiker – auch nicht öffentlich).
Liebe SBM: Ihr macht für meinen Geschmack sowieso viel zuviele und zu lange Powerpointpräsentationen (sorry, muss mal gesagt werden. Wie wär’s mal mit Pecha Cucha zur Abwechslung?). Wenn man sie nicht lesen kann, wenn lauter Zahlen draufstehen, die mit der nächsten Folie nicht nur von der Leinwand, sondern auch aus dem Kopf verschwunden sind, machen die wenig Sinn. Wenn man die Grafiken und Zahlen dann auch gar nicht auf der Leinwand sehen kann, bringen die Power Points überhaupt nichts mehr.
Vielleicht kann man ja das Smartboard umtauschen. Bestimmt bekommt man für den Anschaffungspreis ein prima Satz Mikrofone mit Lautsprecher.
Für den Fall, dass sich mal wieder Bürger nach Minderheide wagen…
Autorin: Monika Jäger, Redaktion