Von W.M., Minden, per Mail
Als langjähriger Leser des Mindener Tageblatts, sehe ich mich veranlasst, heute einen Denkanstoß zu geben, der sich nicht – wie üblich – auf politische, wirtschaftliche oder kulturelle Themen bezieht, sondern um unseren Umgang mit der deutschen Sprache.
Was Druckfehler, Stil, Wiederholungen , Auslassungen o.ä. betrifft, ist man doch im Laufe der Jahrzehnte beim MT recht tolerant und resistent geworden. Häufig liest man über den ein – oder anderen Fauxpas einfach hinweg.
In der Ausgabe von Mittwoch, dem 08. Januar d.J. bin ich jedoch gleich mehrfach über Auffälligkeiten in einem relativ kurzen Textbeitrag gestolpert. Um es zu präzisieren: beim Bericht über den Skiunfall Michael Schumachers kam in 4 hintereinander folgenden Sätzen das Wort „Stellungnahme“ vor!!!
Dabei ging es um die „Stellungnahmen“ sämtlicher Beteiligter: Offizielle, Ehefrau, Mediziner sowie der Managerin. Ich stelle dies lediglich sachlich fest und möchte darauf verzichten, den Inhalt zu bewerten.
Einig sollte man sich darüber sein, Wiederholungen bei derart kurzen Texten zu vermeiden.
Dazu muss man weder Rhetoriker noch Germanist sein. Ein Wort lässt sich fast immer beliebig austauschen, wie auch in diesem genannten Fall: Äußerung, Expertise, publizieren, zu verstehen geben etc.
Selbst wenn es sich um einen dpa- Bericht handelt. Diesen Report muss man nicht blind übernehmen. Das erwarte ich von einem Medienanbieter.
Es ist ein Selbstverständnis – erst recht für eine Tageszeitung – sich so zu artikulieren, dass peinliche Wiederholungen gar nicht erst entstehen. Schließlich geht es um das Metier und die Reputation der Schreibenden Zunft schlechthin. Vielleicht sollte man in der (Sport) – Redaktion einmal darüber nachdenken, wie man es bewerkstelligt, dass künftig solche Verletzungen der deutschen Sprache nachhaltig ausgeschlossen bleiben.
Wie in jedem anderen Beruf auch, geht es um mehr: Sorgfaltspflicht, Prüfen bzw. Recherchieren sowie Genugtuung über die geleistete Arbeit.
Antwort Marcus Riechmann, Ressortleiter Sport:
Sehr geehrter Herr M.,
herzlichen Dank für Ihre Zuschrift „Stilgerechtigkeit der deutschen Sprache“ und die darin enthaltene Kritik an der Berichterstattung zum Thema „Schumacher-Unfall“. Sie hat uns in der Sportredaktion ermuntert, uns einmal mehr dem Thema Stil und Sorgfalt zuzuwenden.
Sie haben natürlich Recht: In dem von Ihnen kritisierten Text folgt viermal der Begriff „Stellungnahme“. Der Stellungnahme der Ehefrau folgt die Stellungnahme der Mediziner und sodann – um den Sack voll zu machen – noch die Stellungnahme der Managerin. Ein Zeugnis besonderer Kreativität ist diese Häufung sicher nicht.
Nun handelt es sich rund um den Schumacher-Skiunfall um eine Berichterstattung sensiblen Inhaltes. Hier wollen die Begriffe genau gewählt sein.
Mit der „Stellungnahme“ verbindet man eine Äußerung offiziellen und wohlüberlegten Inhaltes. Genau dieser Charakter soll mit dem Begriff deutlich gemacht werden. Das grenzt ihn von anderen Begrifflichkeiten der Äußerung ab. Es ist eben mehr als nur eine Meinungsäußerung, mehr als ein gesprochenes Wort und eben auch mehr als eine schlichte schriftliche Erklärung wie beispielsweise per E-Mail. Und so hat der dpa-Kollege sich offenbar sicherheitshalber an den Begriff der Stellungnahme geklammert, um ja nichts falsch darzustellen.
Eine falsche Darstellung wollen auch wir natürlich nicht. Und so lässt sich festhalten, dass mit „Stellungnahme“ zumindest der richtige und exakte Begriff verwendet wurde. Natürlich hätte sich auch von einer „offiziellen Erklärung“, einer „schriftlichen Äußerung“ oder einer „Presseerklärung“ schreiben lassen. Man hätte – so mein Eindruck nach erneuter Lektüre des von Ihnen kritisierten Textes – auch durchaus den Begriff „Stellungnahme“ an einer Stelle ersatzlos streichen können. Möglichkeiten, den Bericht zu verbessern und ihn lesbarer zu gestalten, hätte es durchaus gegeben. Möglichkeiten, die sich übrigens bei nahezu jedem Text ergeben. Aber Sie merken bereits: Ich schreibe im Konjunktiv. Die aufgezeigte Gelegenheit haben wir leider nicht genutzt.
Das lag indes nicht daran, dass wir uns unserer Aufgabe nicht bewusst sind oder etwa die Wünsche unserer Leser nach angenehm zu lesenden Texten nicht ernst nehmen. Ganz im Gegenteil: Es ist uns ein Anliegen, flüssig zu lesende und gleichsam fehlerfreie Texte zu formulieren und zu präsentieren. Dem Leser zuliebe und aus eigenem Antrieb. Jeder Autor hat schließlich ein Interesse, mit seinen Texten gelesen und positiv wahrgenommen zu werden. Wenn das mal nicht gelingt, ärgert das den Autor selbst am meisten. Dies deuten auch Sie, Herr M., in Ihrem Brief ja treffend an.
Folgernd darf ich versichern, dass wir den Text gern wiederholungsärmer gestaltet und Ihnen den Verdruss bei der Lektüre erspart hätten. Aber wir haben in der Hektik des an Ereignissen nicht armen Tages die Häufung des Begriffs „Stellungnahme“ schlicht übersehen. So ist der Text zwar sachlich richtig, aber eben an einer Stelle nicht schön und leseleicht geraten. Das soll uns in der Regel besser gelingen – und zumeist tut es das auch.
Schließen möchte ich mit einem Bonmot, das dem früheren Fußballer Andy Möller zugeschrieben wird: „Mein Problem ist, dass ich sehr selbstkritisch bin, auch mir selbst gegenüber.“
Helfen Sie uns dabei. Bleiben Sie ein aufmerksamer Begleiter unserer Arbeit.
Herzliche Grüße,
Marcus Riechmann (Ressortleiter Sport)