Es ist zurzeit eine Wonne, beim Spaziergehen oder Autofahren die Großplakate der um Stimmen heischenden Parteien zu betrachten. Freundlich lächelnd präsentieren sich dort die Spitzenwahlkämpfer. Das Lächeln breit, der Blick zielgerichtet, die Atmosphäre entspannt. Dazu nahezu sinnfreie Kernaussagen, die den geneigten Nicht- und Wechselwähler an die Wahlurne und zur „richtigen“ Stimmabgabe bringen sollen. Dem treuen Parteisoldaten dürfte egal sein, was sich die für die Parteien kämpfenden Werbetexter so haben einfallen lassen.
Ganz besonders gut gefällt mir die Aussage „Lieber neue Wahlen als neue Schulden“. Hat was, dieser Satz. Gerade auch wenn man bedenkt, dass kaum eine Kommune in Nordrhein-Westfalen in der Lage ist, ihre normalen Ausgaben zu bestreiten. Geschweige denn zusätzliche, wie beispielsweise für Sonderwahlen, wie die anstehende Landtagswahl. Noch besser aber ist, dass die Partei, die diese knackige Aussage für sich gewählt hat, ihren Wahlkampf auf Pump finanziert, wie man hört.
Nicht besser aber stehen jene Wahlkämpfer da, die Kinder als Mittel zum Zweck ins Visier genommen haben. „Wir lassen kein Kind zurück“, heißt es unter anderem in großen Lettern auf kinderfreundlichem Hintergrund. Kinder irgendwo zurücklassen, wäre vermutlich sogar strafbar, nähme man die Angelegenheit richtig ernst. Gut zu wissen, dass das nicht passiert, und zumindest eine Partei den zurückgelassenen Nachwuchs einsammelt.
Ganz auf Kind getrimmt ist auch eine andere Partei. „Politik aus den Augen unserer Kinder“, heißt es auf dem riesigen Transparent. Wie einfach solche Politik zu machen ist, zeigt der Spitzenkandidat. Er hockt sich neben ein Kind und schaut es an. Warum ist das nicht schon allen anderen Politikern irgendwann in den vergangenen Jahrzehnten eingefallen? Dann gäbe es doch heute keine Probleme mehr, was Versorgung, Bildung und Erziehung unserer Kinder angeht. Einfach nur hinhocken – und fertig.
Doch ich möchte nicht verhehlen, dass ich für einen Wahlslogan echte Sympathien hege. Dieses Plakat einer weiteren Partei ist praktizierte Bildung im Alltag. Quasi politische Physik mit Augenzwinkern: „Jede Kraft braucht einen Antrieb.“
In diesem Sinne: ein schönes Wochenende!
Hans-Jürgen Amtage, Lokalredaktion