„Sie sind die Neunte, die heute anruft“, sagt Jürgen Tomicek, „und bestimmt nicht die Letzte.“ Kein Wunder: Denn der Anschlag auf das französische Satiremagazin „Charlie Hebdo“ wirft zwei Fragen an Zeichner zwangsläufig auf: Ist durch solch ein Attentat die Meinungsfreiheit in Deutschland womöglich bedroht? Und wie geht man damit um, wenn einem der geballte Hass auf die eigene Berufsgruppe so entgegenschlägt? Das MT sprach darüber mit dem Karikaturisten Jürgen Tomicek.
Der Anschlag am Mittwoch galt ihren Kollegen des französischen Satiremagazins „Charlie Hebdo“. Fühlen Sie sich selbst angegriffen, und fürchten Sie, dass die Satire in Deutschland bedroht ist?
Jeder Kollege wird den Anschlag zunächst im Kopf haben, das bleibt nicht aus. Wichtig für uns ist aber: Jetzt anders zu arbeiten wäre ein fatales Signal an die Mörder. Wir dürfen uns von diesem Anschlag nicht einschüchtern lassen.
Welche Auswirkungen, glauben Sie, wird das Attentat haben?
Ich erinnere an die letzten Mohammed-Karikaturen in Dänemark, die eine riesige Welle geschlagen haben. Die ist irgendwann abgeebbt. Wichtig ist, dass wir Zeichner und andere Satiriker keine Angst bekommen und vorsichtig werden. Zumindest für mich kann ich sagen, dass ich ziemlich genaue Vorstellungen habe, was Inhalt einer Karikatur sein darf und muss. Um es bildlich auszudrücken: Die Feder soll als Florett dienen, nicht aber als Säbel. Dabei darf gute Satire nichts ausklammern, muss dabei aber intelligent gemacht werden.
Warum sind Witz und Satire überhaupt wichtig?
Auch diese Frage kann ich mit einem Bild beantworten: Karikaturen sind inzwischen fester Bestandteil unserer Tagespresse. Denn Witz und Satire sind der Magenbitter, der oftmals Schwerverdauliches wie Politik erträglich macht und uns Abstand zu den Geschehnissen bietet. Oder, um mit Goethe zu sprechen: Ironie ist das Körnchen Salz, das das Aufgetischte überhaupt erst genießbar macht.
Von Jana Behrends, Nachrichtenredaktion