Um die Pressfreiheit ist es – weltweit gesehen – nicht besonders gut gestellt. Während hierzulande allerdings schon der Anruf eines von einer Enthüllungsgeschichte bedrohten Bundespräsidenten beim Chefredakteur des einschlägigen Boulevardblatts als Bedrohung der Pressefreiheit gewertet wird, hat das Thema andernorts im wahrsten Sinne des Wortes lebensbedrohliche Ausmaße: Mindestens 66 Journalisten sind 2011 während ihrer Arbeit oder wegen ihres Berufs getötet worden, neun Reporter mehr als im Vorjahr (2010: 57 Journalisten). Das teilte kürzlich die Hilfsorganisation Reporter ohne Grenzen (ROG) mit.
Auch die Zahl der Festnahmen und Entführungen von Journalisten ist ebenso wie die Zahl der Übergriffe gegen Medienmitarbeiter deutlich gestiegen. 1.044 Journalisten wurden zwischen Januar und Dezember 2011 weltweit festgenommen (2010: 535), 1.959 wurden angegriffen oder bedroht (2010: 1.374) und 71 entführt (2010: 51).
Für den starken Anstieg an Repressionen und Gewalt gegen Medienschaffende seien vor allem die Ereignisse um den „Arabischen Frühling“ sowie die Proteste in Ländern wie Sudan, Belarus oder Uganda verantwortlich. „2011 war in vielen Ländern ein Jahr der Demonstrationen und Kämpfe für Freiheit und Demokratie“, so ROG-Vorstandssprecher Michael Rediske, der ergänzte, „die meisten Machthaber antworteten mit systematischer Gewalt. Nicht nur die Proteste sollten im Keim erstickt, sondern auch Berichte darüber unterdrückt werden“. Überwiegend treffe die Gewalt einheimische Journalisten.
Zu den Ländern mit der höchsten Zahl an getöteten Journalisten gehören wie bereits 2010 Pakistan (zehn Todesfälle), Irak (sieben) und Mexiko (fünf). Auch die Repressionen gegen Blogger und Internetaktivisten hätten weiter zugenommen. So seien 199 Cyberdissidenten festgenommen (2010: 152) worden, zudem hätten mindestens fünf Online-Aktivisten ihr Leben verloren. „In einigen Ländern haben Blogger eine zentrale Rolle bei der Berichterstattung übernommen, vor allem, wenn konventionelle Medien stark zensiert oder internationale Journalisten nicht ins Land gelassen wurden“, erläuterte Rediske. Damit seien sie stärker in das Visier von Behörden oder gewaltbereiter Gruppen geraten.
Einen Anstieg verzeichnet ROG auch bei der Zahl der Länder mit Online-Zensur, die sich von 62 auf 68 erhöht hat. Dagegen sei die Zensur konventioneller Medien mit rund 500 zensierten Medien konstant geblieben. Schließlich registrierte ROG in den vergangenen zwölf Monaten mehr als 70 Journalisten, die aus ihrer Heimat flüchten mussten.
Zu ähnlich dramatischen Zahlen kommt auch der Weltverband der Zeitungen und Nachrichtenmedien (WAN-IFRA). Nach dessen Analyse wurden im vergangenen Jahr 64 Journalisten und Medienmitarbeiter im Rahmen ihrer Tätigkeit getötet, nahezu die Hälfte in Pakistan, Irak, Li-byen und Jemen. In immer mehr Ländern geraten Journalisten aufgrund von Recherchen zu Korruptionsvorgängen oder Drogenhandel ins Fadenkreuz der organisierten Kriminalität. „Wenn Journalisten angegriffen und getötet werden, weil sie ihrer Arbeit nachgehen, leidet die gesamte Gesellschaft“, unterstrich Christoph Riess, CEO von WAN-IFRA. Das Recht aller Bürger auf freien Informationsfluss werde durch solche Taten eingeschränkt. „Diese Morde müssen konsequent verfolgt und die Täter vor Gericht gebracht wer-den“, forderte WAN-IFRA.
Quelle: BDZV