Minden ist eine saubere Stadt. Diesen Eindruck jedenfalls will die Kommune selbst beziehungsweise ihre Tochter Städtische Betriebe Minden vermitteln, wenn es darum geht, Hauseigentümer dann zur Ordnung zu rufen, wenn es beispielsweise auf dem Gehweg vor ihrem Haus grünt. Diese Erfahrung machte jetzt ein Bürger, der Post von den Städtischen Betrieben bekam.
Jener Mindener ist derzeit dabei, ein von ihm vor kurzem übernommenes Haus zu renovieren und scheint bei diesen Arbeiten ein wenig seinen Gehweg vor seinem Haus aus den Augen verloren zu haben. So entschied sich die Natur in den vergangenen Wochen, das ein oder andere Unkraut und Gras aus den Ritzen der Gehwegplatten wachsen zu lassen. Nun war der Bürgersteig, der sich vor dem Hausgrundstück entlang, zog nicht mehr schlicht grau, sondern etwa zu einem knappen Drittel von der kleinen Abgrenzungsmauer aus gesehen mit gemeinem Grün verziert.
Das weiche Grün wiederum muss einem Anwohner oder Passanten ein harter Dorn im Auge gewesen sein, denn irgendjemand beschwerte sich über den geordneten Wildwuchs bei den Städtischen Betrieben. Die warteten nicht lange und unternahmen im Rahmen eines Geheimeinsatzes eine Inspektion des Weges, der Liebhabern von grauen Gehwegplatten ein Stein des Anstoßes war. Der für den bewachsenen Gehweg verantwortliche Hauseigentümer erfuhr allerdings erst von dem ganzen Schlamassel durch den besagten Brief, der in seinem Briefkasten landete.
Das Schreiben von den Städtischen Betrieben erwies sich – noch im Umschlag steckend – durch seine Dicke bereits als sehr umfangreich. Und der ermahnte Grundstückseigentümer wurde nicht enttäuscht. Zunächst wurde er belehrt, dass er für die Reinhaltung des Gehweges vor seinem Haus verantwortlich sei. Da es aber Anlass zur Klage gebe, mache man ihn noch einmal auf die Reinhaltungspflicht aufmerksam, zumal es eine Beschwerde gebe. Da man ja im Normalfall als Grundstückeigentümer nicht weiß, um was für einen Gehweg es sich handelt, wenn von einem „Gehweg vor Ihrem Haus“ gesprochen wird, war dem offiziellen Schreiben noch ein Anhang beigefügt, der zunächst aus einer seitenlangen Satzung bestand und aus Din-A-4-Blättern mit Fotos.
Auf einem Ausdruck war das Objekt der Beanstandung aus der einen Himmelsrichtung fotografiert, auf einem anderem Ausdruck der Bürgersteig von der gegenüberliegenden Himmelsrichtung aufgenommen. Und wo wir schon beim Thema Himmel sind, gab es noch ein weiteres Foto: Ein Luftbild, das den Gehweg, um den es geht, von hoch oben zeigt. Zudem wurde die betroffene Fläche auf dem Luftbild dick rot markiert, so dass der betroffene Grundstückseigentümer gar nicht erst in die Verlegenheit kommt, die kahlen und sauberen Bürgersteige rechts und links von seinem Grundstück vom nicht vorhandenen Wildwuchs zu befreien.
Nun sieht der betroffene Bürger ein, dass es Anlass zur Klage gab. Gleichzeitig fragte er sich aber auch, wie viel Arbeitszeit eine Person des öffentlichen Dienstes damit verbracht hat, all die Fotos zu erstellen, das Luftbild herauszusuchen, den bemängelten Gehweg zu markieren und das Ganze dann auf den Weg zu bringen. Außerdem versteht er nicht, wieso gleich so scharfes Geschütz aufgefahren wird, wo es doch die Stadt selbst mit der Reinhaltungspflicht von Flächen nicht so ernst nimmt. Oder wie ist das jedes Jahr mit dem riesigen und völlig verunkrauteten Simeonsplatz vor dem Preußen-Museum?
In diesem Sinne: ein schönes Wochenende!
Hans-Jürgen Amtage (Lokalredaktion)