Über den neuen Personalausweis reden alle wie die Kuh vom Fliegen. Da ist es gut, sich zu erinnern. Also erzählte ich einem Bekannten, wie das früher war mit dem „Grauen“. Der junge Mann ist 23, Computerfreak und braucht – wenn sein Internetaccount wieder nicht funktioniert – einen Bahnfahrkartenautomaten nur anzuschauen, dann spuckt der die richtige Verbindung samt passender billigster Fahrkarte aus.
Ein Personalausweis, letzter Jahrgang 1986, mit eingenietetem, leicht vergilbendem Passbild, dessen Gültigkeit ohne großen Formularkram und nahezu kostenfrei verlängert wurde – für ihn unvorstellbar.
Wie staunte er: „Da war schon Platz vorgesehen für Amtsstempel und Beamten-Unterschrift?“ Dass man einfach zur Gemeinde gehen konnte, dort in den Karteikasten geschaut wurde, ob man als Einwohner registriert war, und dann „zackbumm“ Stempel rein, Krickelkrakckel an die vorgesehene Stelle, ein Stempel fürs neue Datum und „Tschüss“? Unglaublich!
„Hattet ihr damals zu wenig Arbeitskräfte im öffentlichen Dienst?“, fragte er. „Nein“, sagte ich, „bloß noch keine Computer.“ Ihm entwich eine verstehendes „Ah, daher.“
Dass die erste Nachkriegsgeneration den grauen, für die Geldbörse zu großen Personalausweis eigentlich außer beim Hoteleinschecken nur zum Vorzeigen an der DDR-Grenze und bei den besonders in den 70er Jahren beliebten Polizeikontrollen dabei hatte, glaubte er nicht. Ein Dokument ohne jede nutzenfreie Zusatzfunktion? Unmöglich.
Aber so ein einfaches Ding aus Pappe, Papier, einem angenieteten Jugendbildnis und nachahmbarer, undigitalisierter Unterschrift, aber ohne Magnetstreifen und automatenlesbaren Sicherheitschip – und dann nicht Fälschungsobjekt von Terrorbanden, die auf leichte Weise das politische Ordnungssystem ins Wanken bringt? Die Fälscher, Betrüger und Systemkritiker von damals sanken sichtbar in seiner Achtung. Und die Krone, dass man zum Prüfen nicht wie für den neuen ein Lesegerät brauchte, das mindestens 150 Euro kosten muss, und über das sich die Hacker schlapp lachen, sprengte sein Denkvermögen.
Als ich meinem jungen Freund mitteilte, dass er für den neuen Ausweis nur 24 statt 28,80 Euro bezahlen muss, weil er jünger als 24 Jahre ist, sah ich ein Augenleuchten, das wieder verschwand, als ich ergänzte, dass sein neuer nur sechs statt zehn Jahre gültig wird. „Bei einer Lebenserwartung von 79 Jahren habe ich am Ende sechs Euro mehr bezahlt“, sagte ihm sein I-Pod. Schön, dass wir noch eine sparbewusste Jugend haben.
In diesem Sinne: schönes Wochenende
Hartmut Nolte (Lokalredaktion)