Kennen Sie noch Roy Black? Der Schlagersänger mit der Schmachtstimme hatte noch ganz andere Fähigkeiten als Schmalztöpfe unter Schallplattenspielern zu füllen (Entschuldigung, bei allen Roy Black Faninnen, auch der bei mir zu Hause).
Roy Black hätte unter seinem richtigen Namen Gerd Höllerich eine Karriere als Prophet, als weiser Seher machen können. Denn lange bevor es das Internet gab, erkannte er die große Gefahr dieses Mediums. Seine Warnung passte genau in einen Schlagertitel: „Du bist nicht allein“. Genialer kann man das nicht umschreiben.
Doch niemand hat die Warnung verstanden, weil ja niemand damals 1965, also vor 45 Jahren, You Tube und Facebook ahnte. Es gab ja nicht einmal Farbfernsehen. Heute aber weiß man, dank der superschnellen Global-Verbreitung von Informationen aller Art im Dickicht der Anonymität vernichtet solche auch noch „soziale netzwerke“ genannten Platt(!)formen die letzten Rückzugsgebiete des Privaten.
Ihr Erfolg kommt nicht von ungefähr. Mal ehrlich, was ist schöner als Schadenfreude, was reizt mehr als etwas mitzuteilen, was andere gern für sich behalten würden. Und was weiß man lieber als genau das?
Insofern müsste Jogi Löw jetzt in den „Du bist nicht allein“-Klub der Roy-Black-Fans eintreten, nachdem ihn irgendjemand in einem südafrikanischen Fußballstadion dabei filmte, wie er vor lauter Aufregung – drücken wir es mal umschrieben aus – eine selbst fabrizierte Kugel aus angetrocknetem Nasensekret der Weiterverarbeitung durch seine Kauwerkzeuge zuführte.
Über die Youtube war das Filmchen schnell in aller Welt und schaffte es sogar in Waldis WM-Klub im Ersten. 181 157-mal ist der Clip schon angeklickt worden. Neben unserem Bundes-Jogi ist ja auch schon Staats-Steffen Kampeter youtube-geschädigt, nachdem man ihm beim Festschmaus in einem New Yorker Hotel filmte (innerhalb eines Jahres aber nur 1362-mal aufgerufen).
Auch heimische Sportskanonen dürfen, falls ihre derzeitigen oder künftigen Arbeitgeber mal bei Youtube surfen, ihre Mitgliedskarte gelöst haben. Gerade am Ballermann, wenn man sangriaselig nicht mehr mitbekommt, dass einer mit Handy oder Taschenkamera filmt, gelangt man ruckzuck ohne es zu ahnen und etwas dagegen tun zu können (dann ist es sowieso zu spät) in die große weite Welt des Internets.
Da frage ich mich, warum macht man eigentlich so ein Gedöns um Datenschutz? Die Privatsphäre ist schon längst abgeschafft – es hat nur bisher kaum einer gemerkt. Außer Roy Black.
In diesem Sinne:
Schönes Wochenende
Hartmut Nolte, Lokalredaktion