Die Botenzustellung ist in manchen Teilen des Verbreitungsgebiets nicht mehr wirtschaftlich darstellbar. Anders als andere Verlage geht das MT einen sanften Weg.
Die Zustellung der Tageszeitung ist in den letzten Jahren für die gesamte Medienbranche zu einer besonderen Herausforderung geworden. Die Gründe dabei sind vielfältig: erfolglose Suche nach Zustellnachwuchs, steigende Personal- und Logistikkosten, Ausdünnen der Abonnentenstruktur in ländlichen Gebieten und Randlagen des Verbreitungsgebiets. Die letzte Möglichkeit für immer mehr Verlage: das Einstellen der Botenzustellung. Auch für die Bruns Verlags GmbH & Co. KG war dieser Schritt unumgänglich. Anders als andere Verlage im Bundesgebiet, die teils ganze Regionen nicht mehr beliefern, wollte man hier jedoch einen sanften und individuellen Weg gehen. „Mir ist wichtig, dass bei keinem unserer Abonnenten der Eindruck entsteht, er ist uns nicht mehr wichtig“, so Verleger Sven Thomas. „Für die strategische Arbeitsgruppe, die wir abteilungs- und sogar firmenübergreifend in der Unternehmensgruppe gebildet haben, war schnell klar, dass wir uns jede einzelne Adresse, jeden Abonnentenhaushalt individuell anschauen werden. Diese zusätzliche Arbeit sind wir den Abonnenten schuldig, die teils über Generationen morgens ihr MT im Briefkasten vorfanden. Ein Abschneiden ganzer Zustellbezirke innerhalb unseres Kernverbreitungsgebiets kam nicht infrage.“
Oliver Geissler, Geschäftsführer der Bruns Medienlogistik GmbH, und damit verantwortlich für die logistische Organisation der Zustellung: „Wir haben das große Glück, dass wir neben dem Kernprodukt Mindener Tageblatt auch das Wochenblatt Weserspucker und als Dienstleister für die Citipost OWL Postsendungen zustellen. Diese Kombination aus drei Säulen lässt manche abgelegene Straße in der Zustellung noch wirtschaftlich darstellen. An anderer Stelle ist das leider nicht mehr gegeben. Dort gleichen die kalkulatorischen Erlöse in Summe manchmal nur noch die Zustellkosten aus. In extremen Fällen nicht einmal das.“ Wenn ein Flecken, eine Straße oder eine Einzeladresse identifiziert wurde, bei denen eine Zustellung nicht mehr darstellbar ist, startet eine sehr persönliche, mehrstufige Kontaktaufnahme mit dem betroffenen Abonnenten. „Der erste Schritt ist ein Brief, 6 bis 8 Wochen vor der geplanten Zustelleinstellung, der an den Abonnentenhaushalt gerichtet ist“, so Thanusha Vivekananthan, Teamleiterin Kundenservice des Verlags und gemeinsam mit ihrer Kollegin Christiana Ferizi die persönliche Ansprechpartnerin für die betroffenen Abonnenten. „Zwei Tage nach Versand der Briefe versuchen wir die telefonische Kontaktaufnahme, um im direkten Gespräch die Möglichkeiten zu erörtern, weiterhin das Mindener Tageblatt zu nutzen. Es gibt zwei Alternativen, die Zustellung mit der regulären Post oder die Umstellung auf das umfassende Digitalpaket ,MT Digital‘, welches auch die gewohnte Zeitungsoptik im ePaper beinhaltet – nur eben papierlos.“
Mittlerweile acht Gruppen unterschiedlicher Adressmenge und aus allen Bereichen des Verbreitungsgebiets plus einiger kreisfremder Randgebiete wurden kontaktiert. „Wir sind bei der überwiegenden Anzahl von Gesprächen zwar auf Bedauern bezüglich der Einstellung der Zustellung gestoßen, aber unisono auch auf großes Verständnis“, so Vivekananthan. „Natürlich gab es auch Kündigungen und jede einzelne schmerzt uns“, zieht Sven Thomas eine erste Bilanz nach rund neun Monaten, „doch umso mehr freut es mich, wie viele Haushalte uns die Treue halten. Einige haben auf Postzustellung umgestellt, wohl wissend, dass dann die Zustellung in der Regel erst im Laufe des Tages erfolgt, eine noch höhere Anzahl hat sich für die digitale Alternative ,MT Digital‘ entschieden. Das zeigt die wachsende Offenheit unserer Leserschaft, die Tradition des Zeitunglesens mit den modernen und mobilen Möglichkeiten der digitalen Nutzung zu verbinden. Ein Wandel, der unabhängig der Zustellproblematiken Mut für uns als Verlag und die Branche als Ganzes macht.“
Die Mehrheit der Abonnenten in den betroffenen Randgebieten ist von der gedruckten Tageszeitung auf die digitale Alternative „MT Digital“ umgestiegen.
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Frank Sommer