Sehr geehrter Herr Bürgermeister Buhre, sehr geehrte stellvertretende Bürgermeister Stellbrink und Steinmetz, werte Ratsmitglieder,
wie können Sie meine Bedürfnisse als Bürger eigentlich permanent so ignorieren. Ich, der dazu beigetragen hat, dass Sie da sitzen, wo Sie sitzen, scheine überhaupt nicht wahrgenommen zu werden. Oder warum läuft hier alles gegen meine Vorstellungen?
Gestern habe ich beispielsweise festgestellt, dass ich bis zur nächsten Möglichkeit, mich mit Lebensmitteln zu versorgen, zu Fuß 8 Minuten und 43 Sekunden unterwegs bin. Dabei ist bei mir gegenüber seit Jahren ein Grundstück frei, auf dem ein kleines Einkaufszentrum oder zumindest ein großer Supermarkt entstehen könnten, sodass sich mein Weg zum Einkaufen auf 45 Sekunden verringerte.
Die Parkplätze für das Einkaufszentrum legen Sie aber auf keinen Fall vor meiner Tür an. Denn diesen ganzen Parksuchverkehr will ich hier nicht haben. Circa zwei Kilometer entfernt gibt es genug Felder, auf denen Parkplätze entstehen können. Außerdem wohnt da in der Nähe die Frau, deren Katze nachts immer durch meinen Garten streunt und vor sich hin miaut, was mich fürchterlich nervt.
Wenn Sie die Parkplätze in den Feldern anlegen, dann achten Sie aber auf jeden Fall darauf, dass die drei Goldbackensalamander, die dort immer einen Tag im Juni während ihrer Wanderschaft zu neuen Gewässern ein Päuschen einlegen, in ihrem Lebensraum nicht gestört oder gar eingeschränkt werden.
Apropos Stören: Sorgen Sie dafür, dass der Wind nicht mehr aus Osten weht. Denn bei Ostwind wird Tag und Nacht das Geräusch von fahrenden Zügen vom Rechten Weserufer herüber getragen. Unglaublich, dass Sie sich der seit Millionen von Jahren bestehenden Ostwindproblematik nicht schon längst angenommen haben!
Und wo wir beim Lärm sind: Dieser Raddampfer, der sonntags immer dreimal tutet und sich dann mit seinen Schaufelrädern laut rauschend durch die Weser arbeitet. Unsäglich! Sofort versenken!
Dann wäre da noch das Grünzeug vor meiner Haustür, das Sie wohl als Straßengrün bezeichnen. Der Grasschnitt wird um etwa 3,5 Millimeter zu kurz ausgeführt. Das sieht ja aus wie abrasiert.
Zudem bin ich nicht mehr bereit, das Zwitschern der Vögel im nahen Glacis in den frühen Morgenstunden hinzunehmen. Sorgen Sie sofort dafür, dass die Vögel nicht vor 7.45 Uhr zu singen beginnen, denn dann springt auch erst mein Radiowecker an. Und bei dem kümmern Sie sich als von mir gewählte Volksvertreter bitte umgehend darum, dass das ständige Ticken der darin eingebauten Digitaluhr umgehend abgestellt wird.
Sollten Sie meinen Forderungen nicht innerhalb von acht Tagen nachkommen, werde ich testen, was meine Rechtsschutzversicherung in Sachen Klage gegen die Stadt hergibt. Außerdem werde ich die Wählerinitiative MT (Minden tobt) gründen, bis zur nächsten Bürgermeisterwahl schon einmal vorarbeiten und schlaue Vorschläge – für die ich keine Verantwortung übernehmen muss – besserwisserisch in sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter veröffentlichen, mit sinnfreien Bürgeranfragen im Rat mein Kandidatenprofil schärfen und dann selbstverständlich bei der Wahl in das Rathaus einziehen.
In diesem Sinne: ein schönes Wochenende!
Hans-Jürgen Amtage