Der Deutsche Presserat hat seinen – von der MT-Redaktion für sich als verbindlich betrachteten – Kodex überarbeitet und klargestellt, in welchen Fällen persönliche Angaben zu Straftätern und Verdächtigen genannt werden dürfen. Eine identifizierende Berichterstattung in Presseberichten sei möglich, wenn das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiege, heißt es dort. Dies könne bei besonders schweren Straftaten der Fall sein oder wenn es einen Zusammenhang zwischen der gesellschaftlichen Rolle einer Person und der ihr zur Last gelegten Tat gebe, wie der Presserat am Donnerstag in Berlin weiter mitteilte.
Auch Prominente könnten genannt werden, wenn die Vorwürfe im Widerspruch zu ihrer öffentlichen Rolle stünden. Eine Identifizierung ist auch erlaubt, wenn eine schwere Tat in der Öffentlichkeit geschehen ist. Bloße Sensationslust rechtfertige dagegen nicht die Veröffentlichung etwa von Namen oder Fotos.
Nach den überarbeiteten Regeln zur Kriminalberichterstattung sind das Informationsinteresse der Öffentlichkeit und die Persönlichkeitsrechte des Täters gleichrangig. Journalisten müssten in jedem Fall abwägen, was wichtiger sei. Die Erläuterungen sollten die Frage beantworten, wann die Medien identifizierend berichten dürften. Damit erhielten Journalisten „klarere ethische Leitplanken“, erklärte die Sprecherin des Presserats, Ursula Ernst. Der Presserat erwarte durch die Novellierung keine grundsätzliche Änderung ihrer Spruchpraxis.
Präzisiert wurden auch die Richtlinien zum Opferschutz. In der Regel sei die Identität des Opfers bei Unfällen oder Delikten unerheblich. Namen der Opfer könnten nur mit Erlaubnis der Betroffenen oder bei Personen des öffentlichen Lebens publik werden. Im Kodex weist der Presserat nun ausdrücklich auf die Rechte von Kindern und Jugendlichen hin, die in Berichten über Straftaten und Unglücksfällen in der Regel nicht identifizierbar sein sollten.
Die Frage, ob die Staatsangehörigkeit bei Straftaten genannt werden darf, ist von Reform nicht betroffen, wie Presserats-Geschäftsführer Lutz Tillmanns auf Anfrage sagte. Nach wie vor gelte die Regel, dass Angaben über religiöse, ethnische oder andere Minderheiten nur dann berechtigt seien, wenn ein begründbarer Bezug zur Tat bestehe.
Der Deutsche Presserat ist das Selbstkontrollorgan der Zeitungen und Zeitschriften. Jede Person kann sich beim Presserat über Beiträge beschweren. In begründeten Fällen spricht der Presserat Rügen und Missbilligungen an die Medien aus.
Den Pressekodex sowie die dazugehörigen Richtlinien findet man auf der Homepage des Presserats
Quellen: DPA, Presserat